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Chronologie der GASP/ESVP-Entwicklung[]

Föderale EVG vs. intergouvernementale Fouchet-Pläne[]

Überblick: Kein Konsens bezüglich der Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik der Gemeinschaft oder gar ihrer institutionellen Finalité. Ein qualitativer 'Sprung' in einen neuen legalen Rahmen ist nicht möglich. Nur eine Strategie der kleinen Schritte, Inkrementalismus, scheint möglich.

1951: EGKS-Gründung[]

Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) durch Benelux-Staaten, Frankreich, Bundresrepublik Deutschland und Italien (1952 in Kraft getreten).

1952: Beschluß der EVG und EPG[]

Unterzeichnung des Vertrages über die Europäische Verteidigungsgemeinschaft (EVG) durch EGKS-Staaten.

  • 1950 vorgeschlagen vom französischen Premierminister Pléven
  • weitreichende Integration der Streitkräfte unter gemeinsamer Kommandostruktur
  • gemeinschaftliches Budget
  • gemeinsame Rüstungsprogramme
  • Integration der EVG zusammen mit der EGKS unter dem gemeinsamen Dach eine Europäischen Politischen Gemeinschaft (EPG)
  • fortwährende außenpolitische Konsultationen innerhalb der Institutionen der EPG
  • Verfahren zur gemeinsamen außenpolitische Vertretung

1954: Scheitern der EVG und der EPG[]

Scheitern der EVG und der EPG an den Bedenken der französischen Nationalversammlung gegen Souveränitätsverlust und gegen ein zu starkes Deutschland.

Pariser Verträge: Westunion wird zur Westeuropäischen Union (WEU), die BRD tritt der WEU und NATO bei (1955 in Kraft getreten); Italien wird WEU-Mitglied

Unterzeichung des Vertrages zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und der Europäischen Atomgemeinschaft (EAG) durch die EGKS-Staaten (1958 in Kraft getreten).

60er: Fouchet Pläne scheitern[]

Der Fouchet Plan Frankreichs will die intergouvernementale Kooperation in außenpolitischen Fragen zwischen den EG-Staaten stärken. Scheitert an der Weigerung der anderen EG-Staaten. Die sehen darin (a) eine Verletzung des supranationalen EG-Gefüges, (b) unnötige Konkurrenz zur NATO, (c) einen Versuch, die Teilhabe Großbritanniens zu unterbinden und waren generell von De Gaulles Politik abgeschreckt.

Die EPZ-Berichte: Politischer Selbstverpflichtungen 1969-1983[]

Überblick: zurückhaltender und mehrdeutiger Ansatz einer Kooperation in außenpolitischen Belangen

1969: Anfänge der EPZ[]

Den Haag Gipfel. Beginn der Europäischen Politischen Zusammenarbeit (EPZ) als informelle außenpolitischen Kooperation.

1970: Luxembourg-Bericht[]

Luxembourg/Davignon-Bericht: politische, rechtlich nicht bindende Absichtserklärung über die Ziele und Mechanismen einer außenpolitischen Kooperation

1973: Kopenhagen-Bericht[]

Kopenhagen-Bericht: politische, rechtlich nicht bindende Absichtserklärung der europäischen Außenminister "to ensure [...] improved mutual understanding [and to] strengthen solidarity between Governments [...] and, wherever it apperas possible and desirable joint action". Es gilt das Einstimmigkeitsprinzip.

Neuerung: Vorsichte Formalisierung der in der Praxis entstandenen Mechanismen der diplomatischen Abstimmung

Bewertung: Der Kopenhagen-Bericht dokumentiert die Selbstverpflichtung auf eine lose und 'Soft Method' der außenpolitischen Kooperation auf intergouvernementaler Ebene außerhalb der Gemeinschaftsverträge. Stark umgrenztes Politikfeld: Abstimmung der außenpolitischen Stellungnahmen vor allem in den Bereichen 'Ost-West-Beziehungen/KSZE' und 'arabisch-israelischer Konflikt'.

Kontext:

  • Ölkrise der frühen 70er
  • vierter Nahostkrieg
  • erste positive Erfahrungen mit den Mechanismen des Luxembourg-Davignon-Berichts

1981: London Bericht[]

Stärkung der Koordination durch Einrichtung eines Krisen-Mechanismus mit dem Ziel proaktiveren kollektiven Handelns; Einbeziehung der Kommission; Ausweitung der Agenda auf die 'politischen' Aspekte von Sicherheitsfragen

Bewertung: weiterhin intergouvernemental, konsensbasiert und außerhalb des EG-Rechtsrahmens

Kontext: miserable kollektive Leistung bei internationalen Krisen wie der Afghanistan-Invasion der Sowjetunion und der Iran-Geiselkrise

1981: Genscher/Colombo-Plan scheitert[]

Genscher/Colombo streben Verrechtlichung und Annäherung der EPZ an die EG-Strukturen an. Es ist jedoch kein Konsens für diesen qualitativen Sprung vorhanden.

1983: Erklärung von Stuttgart[]

Verabschiedung der Feierlichen Erklärung von Stuttgart. Bewertung: Minimale Weiterentwicklung der EPZ.

EEA: Verrechtlichung der bisherigen Praxis[]

1987: DIE EEA[]

Aufnahme der EPZ in die Einheitliche Europäische Akte (EEA).


Neuerungen:

  • erstmals rechtliche Verankerung der EPZ in den Verträgen
  • expliziter Hinweis auf die Bedeutung von Kooperation in den 'politischen und ökonomischen' Aspekten von Sicherheitsfragen für "the development of a European identity in external policy matters".
  • 'Verpflichtung' der Mitgliedstaaten, bereits vor der Festlegung des eigenen Standpunktes einander zu konsultieren
  • Verpflichtung, auf nationale Entscheidung zu verzichten, die die Effektivität der EG "as a cohesive force in international relations or within international organisations" schädigt
  • keine Sanktionsmechanismen für abweichendes Verhalten
  • Schaffung einer kleinen EPZ-Verwaltungseinheit beim Generalsekretariat des Rats in Brüssel, die die Präsidentschaft beim Management der EPZ unterstützen soll.
  • eingebauter Revisionsmechanismus; Kontrolle der Regelungen fünf Jahre nach Inkrafttreten


Bewertung: Rechtliche Bestätigung der Institutionen und Prozeduren des EPZ Alltags; weiterhin intergouvernemental und konsensusbasiert. Der Revisionsmechanismus machte den Weg frei für die kontinuierliche rechtliche und institutionelle Weiterentwicklung der außenpolitischen Kooperation bis ins dritte Millennium hinein.


Kontext:

  • allgemeine institutionelle Reform im Rahmen der Süderweiterung und der Schaffung des einheitlichen europäischen Marktes

Maastricht: Vom diplomatischen 'Club' zur formalisierten zweiten Säule der EU[]

1991: Vertrag von Maastricht[]

Neuerungen:

  • Die EPZ wird zur Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) ausgebaut und als solche zum zweiten Pfeiler des "einheitlichen institutionellen Rahmens" der neu geschaffenen Europäischen Union.
  • Der Rat, ein EG-Organ, wird zum zentralen Entscheidungsorgan in der GASP
  • Teilhabe von Kommission und Europäischem Parlament
  • Das Politische Kommittee bleibt zentrales Organ für die Vorbereitung und Umsetzung der GASP Politik
  • Maßnahmen zur Verbesserung der Verbindungen zwischen GASP und WEU-Institutionen
  • Agenda-Ausweitung in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik auf "all questions related to the security of the Union, including the eventual framing of a common defence policy which might in time lead to a common defence"
  • Konsensprinzip bei der Festlegung von Zielen, Mitteln und Dauer von GASP-Maßnahmen, Mehrheitsentscheidungen bei Entschlüssen zur Durchführung einer Gemeinsamen Aktion.
  • Revisionsmechanismus

Bewertung:

  • qualitativ neue Stufe der außenpolitischen Kooperation


Kontext:

  • Zusammenbruch der Sowjetunion
  • Wiedervereinigung Deutschlands
  • Fortschritte bei der Marktintegration

1992: Petersberg Erklärung[]

Petersberg-Erklärung des Ministerrats der Westeuropäischen Union (WEU) als Basis für "Out-of-area-Einsätze" der WEU: Die WEU soll als Teil der Verteidigungspolitik der EU und als europäischer Pfeiler der NATO ausgebaut werden. WEU-Mitgliedstaaten stellen militärische Einheiten für unter der Befehlsgewalt der WEU durchgeführte militärische Aufgaben bereit. Diese Aufgaben umfassen: (i) gemeinsame Verteidigung nach Art. 5 Washingtoner Vertrag, (ii) humanitäre Aufgaben und Rettungseinsätze, (iii) firedenserhaltende Aufgaben, (iv) Kampfeinsätze bei Krisenbewältigung. Einsatzbeschluss durch den Rat der WEU, ABER jeder Staat entscheidet souverän und nach seiner Verfassung über seine Teilnahme.

Einrichtung eines Planungsstabes bei dem Generalsekretariat der WEU in Brüssel.

Amsterdam: rationalisierter Intergouvernementalismus[]

1997: Vertrag von Amsterdam[]

Neuerungen:

  • Schaffung des Instrumentes der Gemeinsamen Strategien. Beschluss einer Gemeinsamen Strategie durch den Europäischen Rat (Zielsetzung, Dauer, bereitzustellende Mittel). Durchführung der Gemeinsamen Strategie durch den Ministerrat mit Gemeinsamen Aktionen oder Gemeinsamen Standpunkten.
  • Mehrheitsentscheidung im Rat auf Basis einer Gemeinsamen Strategie des Europäischen Rates möglich, ABER dafür modifiziertes Luxembourg-Veto bei Vorliegen von "important and stated reasons of national policy"
  • Einführung der konstruktiven Enthaltung
  • Schaffung des Amts des Hohen Vertreters für die GASP. Soll der Ratspräsidentschaft bei dem Management und der Vertretung der GASP nach außen untersützen
  • Schaffung einer Strategie- und Frühwarneinheit (SFE/PPEWU) zur Unterstützung des Hohen Vertreters. Soll eine einheitliche Beurteilung der Lage und damit eine wirksamere Konfliktprävention ermöglichen.
  • Einigung auf die schrittweise Festlegung einer gemeinsamen Verteidigungspolitik.
  • Anbindung der Westeuropäischen Union (WEU) an die EU durch Einbeziehung der Petersberg-Aufgaben der WEU (aus 1992) als Aufgaben der ESVP in den Amsterdamer Vertrag, heute Art. 17 II EUV.
  • Revisionsmechanismus

Bewertung:

  • Weitere Verrechtlichung der außenpolitischen Zusammenarbeit, aber keine 'harten' Sanktionen gegen Abweichler
  • Rationalisierung des intergouvernementalen Modus ohne qualitativen Sprung in Richtung Vergemeinschaftung.

Kontext:

  • Miserable Performance der EU in den Konflikten in Südosteuropa

1999: Europäischer Rat in Köln[]

Erklärung zu einer Gemeinsamen Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP).

1999: Europäischer Rat in Helsinki[]

Leitziele und Institutionen für die ESVP. V.a. Beschluss des European Headline Goal (EHG) als militärisches Leitziel: Aufbau einer Europäischen Eingreiftruppe von 60.000 Soldaten, die innerhalb von 60 Tagen für Krisenoperationen einsatzbereit ist und Operationen von bis zu einem Jahr durchführen kann.

Nizza: Agenda-Ausweitung auf militärische Aufgaben - ESVP[]

2000: Europäischer Rat in Nizza[]

Neuerungen:

  • Einführung der Verstärkten Zusammenarbeit in die GASP-Säule der EU:
    • nicht möglich in "Fragen mit militärischen oder verteidigungspolitischen Bezügen", Art. 27b EUV
    • Durchführung einer Gemeinsamen Aktion oder eines Gemeinsamen Standpunktes
    • durch mindestens acht Mitgliedstaaten
    • den gemeinsamen Zielen und Interessen der GASP diened
  • Vorsichtige Ausdehnung von Mehrheitsentscheidungen auf die Ernennung des Hohen Vertreters der GASP und bei der Ernennung von Sondergesandten
  • Das Politische Kommitee (PK) wird zum Ständigen Politischen und Sicherheitspolitischen Kommitees (PSK/PSC) umbenannt und erhält Kompetenzen für Krisenmangagement-Operationen, seine Zusammensetzung, Sitz und Vorsitz wurden absichtlich nicht vertraglich geregelt, sondern weiteren Ratsbeschlüssen überlassen
  • Reform der ESVP
    • Integration der WEU-Aufgaben in die EU (mit Ausnahme der Klausel zu gegenseitigem Beistand)
    • Schaffung neuer ständiger politischer und militärischer Strukturen für die politische Kontrolle und strategische Leitung bei Krisen
    • intensive Beratungen über europäische Krisenreaktionskräfte und institutionelle und organisatorische Anpassungen (Militärausschuss, Militärische Fachkräfte)


Kontext:

  • 'Leftovers' von Amsterdam führten im Lichte der kommenden Osterweiterung zur erneuten Debatte um die Revision des GASP Regelwerkes
  • Kosovo Krise
  • Großbritannien ändert seinen Standpunkt in Bezug auf autonome europäische Militärkapazitäten
  • Befürchtungen einiger kleinerer Mitgliedstaaten marginalisiert und von den außen- und sicherheitspolitischen Kernnetzwerken ausgeschlossen zu werden wie im Fall der Bosnien Kontakt Gruppe und während der Kosovo Krise

2003: ESVP Aktionen[]

  • Erste ESVP-Operation: Polizeimission der Europäischen Union (EUPM) in Bosnien und Herzegowina als Nachfolgerin der UN-Polizeimission.
  • Erste militärische ESVP-Aktion: EU übernimmt NATO-Mission in Mazedonien.
  • Militärische Operation "Artemis" im Kongo im Einklang mit dem UN-Sicherheitsrat.

Europäische Konvention 2002-3: Neue GASP Architektur[]

Neuerungen:

  • Betonung einer aktiven Rolle der EU im Sinne des Zivilmachtkonzepts in der Präambel, den 'Unionszielen' und den 'Prinzipien und Zielen der Unions Außenpolitik'
  • Europäischer Rat
    • Identifizierung strategischer Interessen und Ziele im Bereich der GASP und anderen Außenpolitiken
    • Vorgabe allgemeiner Leitlinien
    • Präsidentschaft: Verlängerung, explizite Kompetenz zur Außenrepräsentation, Kompetenz zur Einberufung eines europäischen Rates
  • Außenminister der Union
    • Vize-Präsident der Kommissoin
    • Vorsitzender des Rats für Auswärtige Angelegenheiten
    • Initiativrecht im gesamten GASP/ESVP-Bereich
    • Hauptvertreter der GASP/ESVP nach Außen
  • Entscheidungsprozesse: Bestätigung der bisherigen (zurückhaltenden) Regelungen im Bereich der Mehrheitsentscheidung, Möglichkeit, durch Ratsbeschluss weitere Bereiche zu Mehrheitsentscheidungsbereichen zu machen
  • flexible Zusammenarbeit in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik
    • Einführung der Strukturierten Zusammenarbeit: zur Umsetzung von ESVP-Missionen
    • Möglichkeit der Engeren Zusammenarbeit im Fall eines bewaffneten Angriffs auf ein Mitgliedstaat
    • weiterhin: 'progressive framing of common defence policy, which might lead to a common defence'


Kontext:

  • Beratungen des Verfassungskonvents
  • Krieg im Irak 2003
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